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Das grüne Gold aus der Valposchiavo

Der Traum vom eigenen Olivenöl

Extra Vergine Olivenöl aus Graubünden? Das gibt es wirklich. In Campascio, im Puschlav, pflanzte Tiziano Iseppi vor einigen Jahren Olivenbäume. Seither kommen laufend neue dazu. Die innovative Idee passt gut in dieses Tal, das sich im Aufbruch befindet.

Der Wind kommt von Norden, riecht nach Winter und fällt von den Gletschern des Berninamassivs über die Valposchiavo und seine Menschen her. Er krallt sich am braun gewordenen Gras fest, rüttelt an den Fensterläden der Steinhäuser und lässt erst im Weiler Campascio nahe der Grenze zu Italien an Stärke nach. Dort, zwischen jungen Olivenbäumen, steht Tiziano Iseppi auf uraltem Kulturland, das seine Vorfahren der steilen Bergflanke abgerungen und mit kunstvoll geschichteten Steinmauern terrassiert und gesichert haben. «Fruchtbares Land war und ist in unserem engen Tal kostbar. Hinter diesen Trockenmauern wurden früher Trauben, Getreide oder Grano Saraceno, also Buchweizen – die Grundzutat für die berühmten Puschlaver Pizzocheri – angebaut», erzählt der Einheimische.

Gute und schlechte alte Zeiten

Die alten Zeiten, in denen Arbeitsmangel und Hunger viele aus dem Tal bis nach Russland oder Amerika trieben, endeten Mitte des 20. Jahrhunderts. Die Menschen emigrierten nicht mehr nach Übersee, sondern in die Nordschweiz. Grano Saraceno wurde importiert, die Natur eroberte die steilen Hänge zurück, viele der alten Steinmauern verfielen. Iseppi, der als Banker im Engadin arbeitete und heute die Buchhaltung der Gemeinde Brusio betreut, hat diesen Verfall immer bedauert. Dann stand er wieder einmal vor den beiden Olivenbäumen, die sein Vater vor Jahrzehnten als Zierpflanzen gesetzt hatte – und siehe da: Sie trugen Früchte. «Nur ein paar, und sie waren klein», erinnert sich der Puschlaver. Doch der Anblick hat ihn elektrisiert. Warum nicht mehr Olivenbäume pflanzen? Das war vor acht Jahren. Damals hatte von Olivenanbau oder gar Ölgewinnung im Tal niemand eine Ahnung. Wie auch! Olivenöl kam bisher primär aus dem nahen Italien. Also suchte Iseppi dort Rat, absolvierte Kurse, besuchte Olivenbauern in verschiedenen Regionen und brachte Setzlinge und den Willen mit, dem Tal eine neue Perspektive zu eröffnen – den Olivenanbau. Inzwischen wachsen am linken, sonnigen Hang oberhalb von Campascio drei Olivensorten: Frantoio, Maurino und Leccio del Corno. Und wie sie wachsen: «Die allererste Ernte ergab 13 Liter, heute sind es 100, und wenn alles klappt, werde ich in ein paar Jahren 1'000 Liter einheimisches Olivenöl pressen», sagt Iseppi.

Steinige Wege

Doch der Weg dahin war und ist kein einfacher. Mit der Hilfe von Freunden und Familienangehörigen hat er Trockenmauern instandgesetzt, überwucherte Kleinparzellen gerodet, Bäume gefällt und das Land wieder urbar gemacht. Dabei wuchs sein Respekt vor den Vorfahren: «Ganz ohne Hilfsmittel haben sie im steilen Gelände riesige Felsbrocken bewegt oder Bäume von Hand gefällt», sagt er bewundernd. Viel hat sich seither nicht verändert: Iseppi und seine Freunde haben Fusswege angelegt, aber kaum eine der kleinen Parzellen ist für Maschinen zugänglich. Das bremste den Enthusiasmus des Neo-Olivenbauern keineswegs. Nur einmal, als vor ein paar Jahren hungrige Hirsche die kleinen Bäumchen im Winter bodeneben abfrassen, dachte er ans Aufhören. «Ich erinnere mich gut an diesen Tag. Der Frust war riesig, die Tränen nah, der Mut verschwunden. Aber dann tauchte mein Bruder auf, bot mir seine Hilfe an – und ich machte weiter.»

Zwischen Tradition und Moderne

Heute tragen rund 60 Bäume Oliven. Am heutigen Oktobertag ist Erntezeit. Von Terrasse zu Terrasse tönt Lachen, fliegen Wortfetzen in Pus’ciavin, dem italienischen Dialekt der Einheimischen. «Freunde und Verwandte sind gekommen, um zu helfen; ohne sie geht es nicht», beschreibt Iseppi die Situation. Von Hand und mit kleinen Rechen streifen die Helferinnen und Helfer die Früchte von den Ästen. Die meisten Oliven sind noch grün, aber das ist gewollt. «Ich könnte die Früchte noch länger hängen lassen, aber sie würden dadurch an Qualität und Geschmack verlieren.» Die Oliven werden zum nächsten Fahrweg getragen und dann mit einem Traktor ins Tal gefahren.

In einem kleinen Keller in Campascio beginnt ein neues Kapitel der Puschlaver Geschichte. Denn hier steht eine moderne Anlage, mit der aus Oliven das begehrte Öl gewonnen wird. Die Früchte werden gewaschen, mit einer Mühle zerkleinert und dann auf maximal 24 Grad erwärmt. Ein Dekanter – eine Art Zentrifuge – trennt das Wasser vom Öl und der Maische, schliesslich fliesst das Extra Vergine Öl mit goldenem Schimmer in die Flaschen. Und plötzlich riecht es intensiv nach frisch geschnittenen Kräutern, grünen Äpfeln, Mandeln – nach richtig gutem Olivenöl eben.

Die Valposchiavo ist ein Tal im Aufbruch und besinnt sich zugleich seiner Wurzeln. Fast alle Bauern, die Gemüse, Kräuter, Milch, Käse, Fleisch oder Getreide produzieren, arbeiten wieder wie früher – biologisch. Viele Restaurants bieten Menüs mit dem Label «100 Prozent Valposchiavo» an, und sogar Grano Saraceno wird wieder angebaut. Nur das Olivenöl stammt zum grössten Teil noch aus Italien. Noch. (fb)

Prossima fermata – Öl bestellen
Iseppis natives Extra Vergine Olivenöl aus der Valposchiavo direkt nach Hause bestellen:

tizianoiseppi@gmail.com

invia
Publiziert am: 14.04.2025

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